Ijoma
Mangold

Kulturjournalist / Literaturkritiker / Bestsellerautor

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Foto von Ijoma Mangold
  • Gegenwartsdiagnostik
  • Identitätspolitik
  • Bitcoin

Biographie

Ijoma Mangold, 1971 als Sohn einer Schlesierin und eines Nigerianers in Heidelberg geboren, ist einer der wichtigsten Literaturkritiker Deutschlands, Bestsellerautor, Zeitdiagnostiker und erfolgreicher Podcaster. Nach Stationen bei der Berliner Zeitung und der Süddeutschen Zeitung ist er seit 2009 Redakteur der Wochenzeitung Die ZEIT, deren Literaturblatt er von 2013 bis 2018 leitete. Mit Amelie Fried moderierte er die ZDF-Literatursendung »Die Vorleser«, er ist ständiger Gast der SWR-Literatursendung »lesenswert-Quartett«. Als leidenschaftlicher Podcaster, der die freie Rede liebt, geht er in dem ZEIT-Feuilleton-Podcast »Die sogenannte Gegenwart« allen Moden, Trends und Abirrungen des Zeitgeistes nach.

In seinem Bestseller »Das deutsche Krokodil« (2018) erzählt Mangold davon, was es heißt, in Deutschland aufzuwachsen, wenn man erkennbar anders aussieht als alle anderen. Sein überraschendes Fazit: Es ist schon eine andere Perspektive, aber eher gar nicht schlimm. »Viel mehr als eine persönliche Geschichte: Es ist zugleich Gesellschafts- und Epochenporträt en miniature«, schrieb die Süddeutsche Zeitung über das Buch. In seinem politischen Tagebuch »Der innere Stammtisch« (2020) beobachtet Mangold sich selbst als politisches Wesen – mit all seinen Affekten, Vorurteilen, Ressentiments und liebgewordenen Wahrheiten. Er ist davon überzeugt, dass wir im politischen Diskurs nicht weiterkommen, wenn wir reflexhafte Schnappatmung immer nur beim politischen Gegner vermuten, während wir uns selbst als reine Verkörperungen der Vernunft betrachten. Bisschen unwahrscheinlich, oder? »Ein Reflexionsprozess, den man so noch nicht gelesen hat«, findet der stern.

Überhaupt interessieren Mangold alle Fragen, die unsere politischen Debatten prägen, seit nicht mehr um die Anpassung der Rentenformel gestritten wird, sondern nur noch um Gendersternchen und Antirassismus. Auf Cancel Culture, Identitätspolitik und die erbarmungslose Rechtschaffenheit der Generation woke hat Mangold als bekennender Liberaler (inklusive Liebe zu freien Märkten) schon immer einen kritischen Blick geworfen. Als Beobachter der Gesellschaft widmet er sich in seinem neuen Buch »Die orange Pille« (2023) dem Thema Bitcoin, in dem er mehr als nur ein dezentrales Geldsystem sieht. Bitcoin sei schon jetzt eine pragmatische Utopie mit dem Potenzial, alle gesellschaftlichen Bereiche umzuwälzen.

Mangold war Juror beim Ingeborg-Bachmann-Preis, hatte Gastprofessuren in Göttingen und St Louis und ist Träger des Berliner Preises für Literaturkritik. Hobbys: Tennis, Wein und Fleisch anbraten (nach Gehör!). Ijoma Mangold lebt in Berlin.

Vorträge

Gibt es eine sinnvolle Perspektive, etwas zu Bitcoin zu sagen, wenn man kein Kryptografie-Experte und kein Ökonom ist, sondern Gesellschaftsbeobachter? Ja, denn der Bitcoin und mit ihm die Blockchain-Technologie ist eine so umfassende Innovationstechnologie, dass sie alle gesellschaftlichen Bereiche berühren und umwälzen wird. Schon jetzt ist Bitcoin eine pragmatische Utopie, mit der nicht nur erstmals eine dezentrale Geldpolitik möglich ist, sondern Eigenverantwortung wieder zu einem politischen Ideal wird. Im Zeichen von Bitcoin kann man weltweit eine neue Politisierung der Jugend beobachten. Wer das Neue am Wirken sehen möchte, sollte sich auf Bitcoin einlassen, zumindest als aufgeweckter Beobachter. Denn hier werden Dinge passieren, von denen man einmal mit Goethe wird sagen können: »Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus, und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen.«

Unsere Gesellschaft ist vielfältig und heterogen und darin liegt, wie in aller Differenz, ein enormes Potenzial: So viele Geschichten, die sich zu erzählen lohnen! Die wir so noch nie gehört haben! Wir machen aber leider den Fehler, diesen Reichtum an Differenz durch den Kollektivismus der Identitätspolitik zu ersetzen. Plötzlich ist in den öffentlichen Auseinandersetzungen jeder immer nur Vertreter seiner Identitätsgruppe, und in Diskussionen hat der ein höheres moralisches Ranking, der aus der richtigen Sprecherposition spricht. Wer sich nicht als Vertreter einer Opfergruppe profilieren kann, möge dann lieber mal den Mund halten und seine Privilegien checken. Was längst überwunden schien, kehrt zurück: Menschen werden auf ihre Identitäten eingeschworen, als wären diese ein unentrinnbares Schicksal. Das Maß an Fortschrittlichkeit von Filmen, Vorständen oder Talkshows wird daran gemessen, ob auch alle kulturellen, sexuellen und ethnischen Gruppen angemessen repräsentiert sind. Durchzählen ist zum gesellschaftskritischen Breitensport geworden. Es ist höchste Zeit, dass wir uns auf die Differenz, auf die Freiheit des Individuums zurückbesinnen.

Der kritische Geist ist in eine Sackgasse geraten. Statt sich verunsichern zu lassen durch überraschende, so noch nie gehörte Positionen, haben wir immer schon ein Schlagwort zur Hand, mit dem der Diskurs abgebrochen werden kann. Statt uns in der gesellschaftlichen Selbstreflexion ins Unbekannte vorzuwagen, haben wir uns in ein steriles Sprachspiel eingeschlossen und für alles, was sich regt und was nicht unseren eigenen Ansichten entspricht, ein abschließendes Schlagwort, ein Schmäh-Etikett zur Hand: »Das ist Body Shaming!«, »Das ist Meinungsdiktatur!«, »Das ist Victim Blaming!«, »Das ist DDR 2.0!« Wenn wir wirklich zu neuen Gedanken und Lösungen kommen wollen, müssen wir lernen, dass uns das Neue erst einmal als etwas Fremdes, Ungewohntes, ja Unheimliches entgegentritt. Als etwas, das uns nicht sofort einleuchtet, aber auf das wir uns mit Neugier einlassen könnten. Nur so können wir uns selbst überraschen!

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